"So muss Politik sein" 27.10.2022
Gelungenes Jugendforum am 15. Oktober 2022
„Wir brauchen noch mehr Stühle und Tische!“ Um 14 Uhr füllte sich die Halle immer mehr. Neben vielen Erwachsenen, vorwiegend aus Politik, Verwaltung und Vereinen, waren 36 junge Menschen zwischen 10 und 19 Jahren gekommen, allein oder mit Freunden. Sie hatten vielfältige Ideen mitgebracht, wie man ihre Lebenswelt vor Ort besser gestalten könnte. Denn genau darum geht es beim Landesförderprojekt „JES! Eigenständige Jugendpolitik mit PEP vor Ort“, nachhaltige Beteiligungsstrategien zu entwickeln. Der Landkreis Alzey-Worms nimmt an diesem Entwicklungsprozess mit der Verbandsgemeinde Wörrstadt als Modellkommune teil.
Schon im September hatte eine Veranstaltung im Wörrstädter Neubornbad rund 80 Jugendliche über JES! informiert und zur Beteiligung eingeladen. Organisiert wurde das von einer eigens gegründeten Steuerungsgruppe von Vertretern der beiden Verwaltungen sowie Aktiven aus Vereinen und Organisationen, die sich ebenfalls für das Thema Partizipation interessieren.
Beim Jugendforum wurden von den jungen Menschen 19 Projektideen mit lebhaften Erzählungen teilweise mit Plakaten, Präsentationen und Modellen vorgestellt. Die Ideen gingen von Veranstaltungen für die Jugend über Marketing-Ideen bis hin zur Verbesserung von Sportanlagen in den Wohnorten. Gemeinsam wurden die Umsetzungsmöglichkeit der Ideen gewertet. Hier wurden neben Chancen auch Hürden benannt, wobei der Austausch mit den Erwachsenen zu einer besseren Einschätzung verhalf. Projektkoordinatorin Christine Hassemer von der Kreisverwaltung war begeistert: „Es war schön zu sehen, dass die Anliegen der Jugend ernst genommen wurden und auf positive Resonanz gestoßen sind. Es wurde auf Augenhöhe miteinander gesprochen und dabei zum Beispiel auch verständlich erklärt, welche Schwierigkeiten es geben könnte und auch was nicht in der Macht der Politik liegt. Stets wurde dabei aber gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht.“ Dieser Austausch war für beide Seiten sehr bereichernd.
Im nächsten Schritt entschieden sich die Jugendlichen für diese sieben Projekte
1. Fahrradwegenetz (Ensheim)
Die Jugendlichen möchten unabhängig von Eltern mit dem Fahrrad mobil sein und auf sicheren Wegen (nicht auf einer Landstraße) von Ensheim nach Wörrstadt und Alzey kommen. Zudem habe der bestehende Fahrradweg von Ensheim nach Armsheim Mängel und solle ausgebessert werden. Hiervon würde nicht nur die Jugend profitieren. Gemeinsam mit dem Projektpaten Jean-Sebastien Larro, Beigeordneter der VG Wörrstadt, sollen die Möglichkeiten ausgelotet werden.
2. Eventlocation für junge Menschen
Zwei junge Männer berichteten, dass sie keine Möglichkeiten zum Feiern ihres 18. Geburtstags gefunden hätten. Gemeinsam mit Pate Matthias Heim, dem Streetworker der VG Wörrstadt, wird nun nach Möglichkeiten und Räumen gesucht, damit junge Menschen feiern können, ohne Nachbarn zu stören.
3. Sportanlage in Ensheim
Es soll geprüft werden, ob die Sportanlage in Ensheim bessere Angebote für Jugendliche bieten kann, z.B. neue Netze für die Basketballkörbe, Tore mit Netzen bis hin zu baulichen Maßnahmen wie einer Kletterwand. Ortsbürgermeister Stefan Haßler will sich als Pate gemeinsam mit Sophie Bersch und Janik Lohmann von der evangelischen Jugend des Projektes annehmen.
4. Ausweitung der Stadtbücherei & Freizeiträume in Wörrstadt
Es fehle an Räumlichkeiten zum Lernen, weshalb die jungen Menschen eine Stadtbücherei fordern. Die bereits existierende Schul- und öffentliche Bibliothek in Wörrstadt war ihnen nicht bekannt. Es soll nun überprüft werden, wie der Zugang zur Bibliothek erleichtert werden kann und ob eine Erweiterung mit Möglichkeiten zum 3D-Drucken geschaffen werden kann. Landrat Heiko Sippel steht gemeinsam mit Stadtjugendpfleger Stefan Krüger für dieses Projekt Pate.
5. Bauernmarkt in Wörrstadt
Der vorhandene Bauernmarkt sei ein schönes Angebot von Wörrstadt mit regionalen Produkten. Es gab den Vorschlag, den Markt an einem zentraleren Ort stattfinden zu lassen und die Attraktivität auch für junge Menschen zu steigern. Dies könne beispielsweise durch ein Marktfrühstück erfolgen wie es in Mainz stattfindet, sodass man nicht immer nach Mainz muss und hier vor Ort die Bauern unterstützen könne. Christine Geiger, Fraktionssprecherin der Grünen der VG Wörrstadt, wird als Patin gemeinsam mit der Projektgruppe die Möglichkeiten prüfen.
Die Jugendlichen bemängelten am Bahnhof, dass es zu wenige Unterstände, Fahrradspinde und Sitzplätze gebe und der Aufzug sehr häufig defekt sei, sodass man sein Fahrrad nur schwer auf die andere Gleisseite bekomme.
Obwohl darauf aufmerksam gemacht wurde, dass diese Anliegen in den Zuständigkeitsbereich der Deutschen Bahn fallen, waren sie für die Jugendlichen so wichtig, dass das Projekt ausgewählt wurde. Bürgermeister Markus Conrad unterstützt als Pate die Projektgruppe bei der Auseinandersetzung bezüglich der Anliegen mit der Deutschen Bahn.
7. Basketballplatz Wörrstadt
Die Jugendlichen bemängelten, dass es keinen Platz gebe auf dem sie jederzeit auch am Wochenende Basketball spielen können. Irina Hahn, Beigeordnete der Stadt Wörrstadt, unterstützt als Patin das Projekt. Gemeinsam wird geschaut, ob und wie dem Bedarf entsprochen werden kann.
Neben den genannten Projekten fanden sich für weitere Projekte, die weniger Punkte erhalten hatten, so zum Beispiel in Armsheim und Saulheim, ebenfalls Patinnen und Paten. „Der Anfang ist gemacht, jetzt geht es darum, dran zu bleiben“, so Hassemer. „Ein herzliches Dankeschön an die jungen Menschen, die ihre Ideen eingebracht haben, und auch an die Patinnen und Paten, die nun die Projekte unterstützen und begleiten.“
Im Anschluss an das Forum werden die Projektgruppen die jeweiligen Projektideen noch einmal in Ruhe betrachten. Es muss gemeinsam festgelegt werden, was wann und wie umgesetzt werden soll und was vielleicht noch geklärt werden muss. Wichtig ist hierbei der Prozess - gemeinsam auf Augenhöhe und transparent miteinander zu sprechen. „Außerdem,“ betont Bürgermeister Conrad, „wird es darum gehen, Strukturen zu schaffen, damit solche Jugendforen nicht einmalig bleiben. Junge Menschen und Erwachsene aus Politik und Verwaltung müssen die Möglichkeit bekommen, sich bei Bedarf jederzeit auszutauschen und gemeinsam zu gestalten.“
Das Jugendforum war ein gelungener Startschuss auf dem Weg zu einer dauerhaften Beteiligung von jungen Menschen. Das Fazit eines jungen Teilnehmers zeigt die Begeisterung über dieses Angebot: „So muss Politik sein.“